Stand-Up Comedy in Deutschland erlebt derzeit einen tiefgreifenden Wandel. Während jahrzehntelang Komiker wie Mario Barth, Dieter Nuhr oder Ingo Appelt die Bühnen und TV-Sendungen dominierten, hat sich in den letzten Jahren eine neue Generation von Comedians etabliert, die mit anderen Themen, Formaten und Plattformen arbeitet. Namen wie Felix Lobrecht, die 4 Feinde, Fabi Rommel, Filiz Tasdan oder Fred Costea stehen für eine jüngere, ungeschönte Art des Humors – direkter, unabhängiger und abseits klassischer Medienstrukturen. Doch dieser Wandel ist nicht nur eine Frage des Humorstils, sondern auch eine Reaktion auf die Medienlandschaft. Während etablierte Comedians noch regelmäßig in öffentlich-rechtlichen oder privaten TV-Sendungen auftreten, nutzt die neue Generation Social Media, Podcasts und selbstorganisierte Touren, um ihr Publikum zu erreichen.
Lange Zeit gab es eine klare Definition davon, was in Deutschland als erfolgreiche Comedy galt: große Arenen, massentauglicher Humor und TV-Präsenz. Mario Barth füllte mit seinen Programmen Stadien und machte Witze über die Unterschiede zwischen Männern und Frauen. Dieter Nuhr wurde durch seine politisch-satirischen Programme in der ARD zum Dauergast im deutschen Fernsehen. Auch andere wie Rüdiger Hoffmann, Bülent Ceylan oder Kaya Yanar setzten auf klare Markenidentitäten, die ihnen ein festes Publikum sicherten. Doch mit der Zeit wurden diese Konzepte immer vorhersehbarer. Die Pointen waren oft die gleichen, das Publikum wurde älter und mit der jüngeren Generation wuchs auch die Nachfrage nach einer neuen Art von Comedy. Während die alten Hasen auf traditionelle Medien angewiesen waren, setzt die neue Comedy-Szene auf digitale Plattformen und unabhängige Formate. Felix Lobrecht, einer der bekanntesten Vertreter dieser Bewegung, wurde nicht durch TV-Auftritte berühmt, sondern durch seinen Podcast, YouTube-Clips und Open-Mics. Er spricht über Themen, die viele junge Menschen direkt ansprechen: das Leben in Großstädten, Herkunft, Mental Health oder die Absurditäten des Alltags.
Auch die 4 Feinde, ein Comedy-Kollektiv aus Hamburg, setzten auf einen anderen Ansatz: Sie tourten selbstorganisiert durch Deutschland und verkauften Tickets über Instagram und Tik Tok, anstatt sich auf große TV-Produktionen zu verlassen. Die Aufmerksamkeit generierten sie dabei über Clips von Live-Auftritten oder kreativen Formaten auf Youtube. So haben sie sich eine eigene Community geschaffen und sind nicht abhängig von Formaten, dessen Produzenten und redaktionellen Vorgaben häufig eine klare Vorstellung davon haben, was vermeintlich „funktioniert“ und was nicht. Separat treten die Stand-Upper bei kleineren Mixed Shows auf und testen ihr Material, aus dem im besten Fall irgendwann ein abendfüllendes Solo-Programm wird.
Yorick Thiede ist im wahrsten Sinne eines der markantesten Gesichter und Vorantreiber einer neuen, frischen und progressiven Stand-Up-Comedy Szene in Deutschland. Ein norddeutscher Leuchtturm, aufgewachsen auf einem Bauernhof in Schleswig-Holstein, der scharfsinnige Beobachtungen, absurde Stories und tiefgründige Gedanken mit einer trockenen Delivery an den Mann bringt, wie es kaum einer kann. Seine Aversion gegenüber dem alteingesessenen Komikerkreis in Deutschland münzt er dabei in einer wachsenden Hamburger Szene in Kreativität um. Neben dem Veranstalten von „Moinhaha“, einer Comedyshow in Hamburg und der Produktion der Dokumentationsserie „Off Stage“, die Einblicke in das Leben eines Stand-Up-Comedians gewährte, gewann Yorick den Nightwash Talent Award 2020. Als ein Viertel der 4 Feinde, machte Yorick sich in den letzten Jahren unteranderem mit einem Podcast, zwei Deutschlandtouren und einer ausverkauften Arena-Show (dem größten Stunt deutscher Comedy-Geschichte) einen größeren Namen im Comedykosmos. Aktuell ist Yorick mit seinem Solo „Tannecker Ouvertüre“ auf Tour, was im April aufgezeichnet wurde und im November veröffentlicht werden soll. Nicht zuletzt wegen seines Aufwachsens auf dem Land, seiner Verbundenheit zur Natur und der Implementation dessen in seine Kunst, war Yorick von Beginn an eine spannende Persönlichkeit für mich. Auf einen Kaffee darf Ich Yorick nun näher kennenlernen und weitere Einblicke in sein Leben, seine Karriere und seine weiteren Vorhaben bekommen.

21.02.2025 - Hamburg
Sehr schön, dass das klappt und Du dir die Zeit nimmst. Vielen Dank! Gib mir und den Leserinnen mal ein kleines Wrap-Up von deinem Werdegang bezüglich Comedy bis hier her.
Geboren 1998, dann lange nichts (lacht). Als Kind bin Ich sehr besessen von Otto Waalkes gewesen. Michael Mittermeier fand ich auch witzig und hab dann seine Soloprogramme mit zehn auf Youtube gerippt und selber hochgeladen, um Klicks zu farmen. Davon weiß er auch noch nicht (lacht). Mal gucken, wann Ich den treffe. Dann habe ich mir kurz Dave Chappelle´s Show reingezogen, weil ich von einem Kumpel geplugged wurde, als das auf MTV oder Viva mit deutschen Untertiteln lief. Das war auf jeden Fall komplett hilarious. Dann war Comedy in der Jugend erstmal ganz lange egal. Da war nur kiffen, saufen, Drogen nehmen, rappen – war aber auch geil (lacht). Irgendwann mit 18, als es darum ging, was man eigentlich so machen will mit seinem Leben, kam mir wieder diese eine Sache in den Kopf, die Ich eigentlich viel besser fand als alles ever. Dann hab Ich aber noch so zwei Jahre Youtube Videos gemacht, weil Ich Stephen Colbert damals gefeiert habe. Das hat aber auch nicht so richtig gezündet. Ich hab das dann alles ein bisschen vor mir her geschoben und bin irgendwann bei so Youtube-Clips aus den Siebzigerjahren von Don Rickles gelandet und hab dann gemerkt: Ok Yorick, offensichtlich niemand, der das nicht selber machen wollen würde, würde sich da jetzt so reinsteigern. Und dann habe Ich noch so ein halbes Jahr gebraucht und hatte mit 20 meinen ersten Auftritt hier im Frachtraum in Hamburg, das war dann 2018. Ich weiß gar nicht, ob es den Laden jetzt überhaupt noch gibt.
Sind diese Relikte von Musik und Youtube-Videos im Internet noch aufzufinden?
Poah, es gibt Sachen online, wo Ich oft auf melden drücke, um zu gucken, ob man das irgendwie runterdossen kann (lacht). Aber alles, wo Ich die Kontrolle habe, das zu löschen, ist gelöscht. Es gibt Sachen. Es gibt einen RBA-Account. Ich hab diese Battlerap Sachen übel gefeiert und dann auch so kleine Turniere gemacht. Aber das ist alles massiv peinlich und unangenehm und deswegen hoffe Ich, dass es für immer in der Versenkung verschwindet.
Dann hat sich aber auch da schon deine Faszination für Lyrik und Texte gezeigt.
Punchlines ist, was Battlerap und Comedy auf jeden Fall eng connected. Viele Battlerapper fangen auch gerade an mit Comedy. So Hiding John, der ist bei DLTLLY und Ich finde, der ist einer der Besten in Deutschland gerade, macht jetzt auch Comedy in Hamburg. SSYNIC, also Samuel Sibilski macht auch Comedy. Und Ich glaube McGeuner hatte auch Comedy gemacht. Fatoni hat mir mal erzählt, dass er anfangen wollte. Und Mauli natürlich, der hat jetzt auch angefangen.
Was treibt dich an?
Totale Besessenheit. Wahrscheinlich auch, wenn man in das Psychologische geht, die Bestätigung von außen, aber das ist nicht mehr die treibende Kraft. Ich glaube, es ist echt die Liebe zur Sache. Comedy baut Leute ja schon auch auf, bereitet eine geile Zeit und kann ja schon Ankerpunkt sein. Das klingt ein bisschen arrogant, aber dann will man der Kunstform, die einem so viel gegeben hat, auch mal was zurückgeben, beziehungsweise versuchen, was zurückzugeben. Die Bühne ist der allerfreiste Ort, den es gibt. So lange das funny ist, kannst du halt echt über alles reden und ich finde das auch geil, wenn man über Sachen redet, die überhaupt keine Rolle spielen. Ich habe da auch gar nicht so eine Message oder Aufgabe. Ich rede dann auch sieben Minuten über Grabsteine oder irgendwie über eine Spinne an meinem Rückspiegel und eine Ameise. Insekten sind ein Thema (lacht). Ich finde das total witzig, wenn Leute sich auf der Bühne verheddern in Sachen, die einfach keine Rolle spielen. Es ist einfach ein unglaublich schöner Ort und wenn man so sein Geld verdienen kann, der freiste Beruf, den man im Kapitalismus haben kann.
Ich weiß nicht, wie persönlich Du werden möchtest, aber Du hast im Podcast kürzlich von der Auflösung deiner Verlobung gesprochen. Wie leicht fällt es einem dann in Momenten, wo man emotional und mental vielleicht gerade nicht auf der Höhe ist, witzig zu sein?
Ich hatte das während der Tour als ersten harten Test. Es gibt natürlich immer Phasen, wo es einem nicht so gut geht aber so eine Verlobung aufzulösen und einen Tag später in Darmstadt wieder auf der Bühne zu stehen, das war schon krass. Vor und nach dem Auftritt war es schon nicht so gut aber Ich habe gemerkt, sobald man auf der Bühne steht, ist man da irgendwie im sicheren Hafen. Also Comedy kann da anscheinend auch helfen. Es gibt ja auch immer mal wieder Phasen, wo es einem wegen Comedy schlecht geht, wenn man zum Beispiel gerade nicht weiter kommt oder unzufrieden ist, mit dem was man macht. Aber gefühlt kann man fast jedes Problem mit Schreiben lösen. Das gibt einem halt unfassbar viel, wenn man wieder eine geile Idee hatte und die funktioniert. Irgendwie ist die Bühne dann ein bisschen der Ort, wo es egal ist, wie es einem selber geht.

Wie würdest Du die Entwicklung deutscher Comedy in den letzten Jahren beschreiben?
Ich würde sagen positiv. Es ist sehr durch Amerika inspiriert und gerade New Yorker Stand-Up ist schon klares Vorbild. Aber gerade wegen der Arbeitskultur ist das eigentlich cool - dieses Schreiben und Testen. Es ist detaillierteres und feinschrittigeres Arbeiten, als die alten Comedians ihre Programme geschrieben haben – nämlich nicht selber (lacht). Ich habe auch das Gefühl, es ist nicht mehr ganz so anbiedernd und billig. Leute trauen sich auch Gedanken zu haben. Aber ich sehe schon auch die Gefahr, dass man sich da einfach in die nächsten engstirnigen Prinzipien verliert, weil man dieses realkeeper New-Yorker Ding aufrecht erhalten will und sich davon ein bisschen einengen lässt. Das ist eine Sorge, die ich habe aber ich glaube nicht, dass die bestätigt wird. Es ist auch cool, dass Leute ihre Soloprogramme jetzt auf Youtube hochladen. Das wird bewirken, dass mehr Leute sehen, deutsche Comedy muss nicht komplett scheiße und verschlafen sein. Ich hoffe, das bewirkt auf lange Sicht, dass mehr Leute anfangen und wenn mehr Leute anfangen, wird es auch mehr gute Comedians geben und das wird der Kunstform helfen. Man darf aber auch nicht vergessen, dass gerade diese neue Welle noch in den Kinderschuhen ist und viele Leute noch keine 90 Minuten oder Zuschauer haben, um auf Solotour zu gehen. Aber da kommen gute Zeiten auf uns zu. Man muss halt jetzt diese Contentschiene bespielen.
Wann wusstest Du das erste Mal, dass Du gut bist, in dem was du tust?
Das Gefühl geht immer wieder weg (lacht). Man hat das mal so phasenweise. Jetzt ist es so, dass ich denke, dass ich das schon kann. Beim Talent Award damals, war das erste Mal der Gedanke da, dass das schon mehr als eine Träumerei sein könnte, mäßig. Felix (Lobrecht) hatte mir da auch während der Show geschrieben, dass mein Set geil war, hat dann im Anschluss gratuliert und uns dann ja auch beim Arena Stunt geholfen. Man fühlt sich gut, wenn man auch den Respekt von anderen in der Szene hat. Gar nicht mal die Großen aber einfach Leute, die man selber respektiert und geil findet. Ich denke, langsam sickert externe Bestätigung auch als innere Überzeugung durch, aber das hat auf jeden Fall lange gedauert und es ist auch wackelig. Bei Comedy muss man mit Ego auch ein bisschen aufpassen und sich da selber beobachten. Eine gesunde Selbstüberzeugung sollte es vermutlich sein. Aber selbst das haben wenig gute Comedians. Es hilft einem ja auch meistens weiter, wenn man selbstkritisch ist, um besser zu werden. Es ist aber auf jeden Fall ein Problem bei mir, wie gut man zu sich selber ist. Das wird aber immer besser.
Was stört dich an der Infrastruktur der Industrie?
Da haben wir ein Thema auf jeden Fall. Grundbedingung für eine Show ist ja erstmal ein Comedian und ein Raum, der Mikrofon und Boxen hat. Dann müssen noch Leute kommen, die das sehen wollen. Es gibt Agenturen, die organisieren beziehungsweise vermitteln das, die nehmen 20%. Dann die lokalen Veranstalter, die einfach nur einen Techniker schicken. Die bekommen 40% der Ticketeinnahmen in der Regel und das ist letztlich viel zu viel, für das was die am Ende machen. Das sind Aufgaben, die große Agenturen oder Comedians theoretisch auch selber machen könnten. Es gibt aber auch Häuser, die nicht mit dir arbeiten, wenn du nicht mit den lokalen Veranstaltern arbeiten möchtest. Veranstalter und Häuser reichen sich da dann häufig gegenseitig die Hand. Da kannst du dann auch nicht viel verhandeln. Als Künstler stehst du dann am Ende dieser Kette und denkst dir, eigentlich solltet ihr jetzt gerade für mich arbeiten und nicht andersherum. Da ist auf jeden Fall Optimierungsbedarf in der ganzen Branche. Auch die Ticketplattformen ziehen sich da noch Geld ab und dann kommen noch die Steuern. Am Ende bleibt da also eigentlich wenig übrig, von dem was da ursprünglich mal im Umlauf war. Eventim ist auch so eine Sache. Denen gehören teilweise Häuser, zum Beispiel die Lanxess Arena, sodass du gezwungen bist, über diese Seiten zu verkaufen. Da bleiben dann nur 30-35% der Einnahmen bei dir, obwohl du faktisch die Show gemacht hast.
Geht Authentizität und Rentabilität dann in der deutschen Szene nur independent?
Rentabilität ist independent auf jeden Fall das Beste aber nicht jeder Künstler kann und will als Businessmann hinter dem ganzen, parallel auch noch guter Künstler sein. Dann musst du irgendwann Contentcreator, Manager, Veranstalter und Comedian gleichzeitig sein. Du kannst dir natürlich Leute anstellen, wenn sich das rentiert. Rentabilität ist da auf jeden Fall größer. Authentizität geht auch ohne Independence. Es ist aber auch die Frage, ob das überhaupt das ist, worauf man aus ist. Authentisch sein ist zwar ein dickes Premium, das freut Menschen, aber Authentizität ist für manche Leute im Publikum auch nur sowas wie; der ist wie ich. Es ist die Frage, ob man das will. Manchmal ist eine funny Rolle oder ein funny Charakter auch mehr wert, wenn das dann witziger ist. Solange das halt liebevoll gemacht ist und nicht so hingewichst. Ich denke Authentizität ist auf beiden Wegen möglich.
Hast Du schon Shows aus Prinzip abgesagt?
Nightwash spiele ich nicht mehr, wenn die fragen. Viel was die produzieren, habe Ich abgelehnt. Da sollte mal irgendwas für RTL2 entstehen, das habe ich abgelehnt. Alex (Stoldt) hat schon mehr abgelehnt, der hat auch andere Anfragen. Die XXL-Comedynacht zum Beispiel, wo dann auch Geld im Spiel ist. Mit gewissen Sachen will man sich nicht abgeben. Ich werde auch einige Fernsehaufzeichnungen, für die ich dieses Jahr angefragt bin, nicht machen.
Berlin und Hamburg sind vermutlich die Stand-Up Hotspots in Deutschland. Was unterscheidet die beiden Szenen voneinander?
In Berlin ist dieser New York Spirit noch mehr verankert. Da ist aber vom Gefühl her innerhalb der Szene auch noch mehr Lagerbildung. In Hamburg ist das zwar auch ein bisschen, das war aber mal besser. Ich bin richtig stolz auf die Szene in Hamburg, das ist richtig Qualitätsarbeit, das ist richtig geil. Hier kommen nicht so viele Leute nach, wie zum Beispiel in Berlin, aber man kann eigentlich verlässlich sagen, dass hier alle zwei Jahre so zwei, drei Personen rauskommen, bei denen man weiß; das ist eine absolute Bereicherung. Neue Comedians werden auch sofort mit aufgenommen und der Kontakt ist schnell auch recht eng, wenn das passt. Es ist eine offene und liebe Szene. Es geht halt um Comedy und die Leute haben Bock gut zu sein, nicht Bock fame zu sein. Am Ende kann Comedy auch ein sehr einsamer Weg sein, wenn man das darauf anlegt. Aber es ist schon cooler, wenn man ein paar Leute hat, die den Weg mit einem gehen. Die in Berlin sind auch echt coole Leute, ich bin da aber einfach nicht so viel. In Hamburg sind auch einfach nicht so viele Medienleute und die Leute gucken einem nicht so sehr auf die Finger, wie das zum Beispiel in Köln früher der Fall war. Dann spielen die Leute safe, weil einer von Brainpool im Publikum sitzt. Das schränkt einen dann natürlich ein. In Berlin ist zwar auch viel Industry, aber die scheißen da noch genug drauf.
Welche Clubs spielst Du hier am meisten?
Ich spiele in Hamburg fast nur bei "Schnack". Das ist eine Showreihe an sehr vielen Orten. Die haben unfassbar viele Räume, zum Beispiel das Birdland oder das Adina-Hotel in der Speicherstadt. Die organisieren das super gut, da muss man sich keine Sorgen um alles drumherum machen. Da hat man Feedback unter Showumständen und das ist ja das, was du suchst. In Berlin halt Downstairs, Mad Monkey Room, auch mal Comedyflash. In den anderen Städten bin ich aber nicht so viel gewesen, weil es einfach nicht notwendig ist.
Wie würdest Du dein Publikum beschreiben?
Übertrieben nette Leute. Ich war jetzt bei einer Show in Heidelberg und da war eine im Publikum, die hat uns schon bei der 4 Feinde Tour eine Symphonie geschrieben, weil die Musik studiert. Und jetzt beim Solo hat sie für die Tannecker Ouvertüre eine Ouvertüre geschrieben und aufgenommen. Jetzt besitze ich so Notenblätter mit einem Stück, das mir komponiert wurde. Allgemein zeichnen die Zuschauer viel und machen selber Clips. Das sind so nette Menschen. Nettes, offenherzliches Publikum und das bekomme ich auch von den Veranstaltern gefeedbackt. Viele Junge Leute, viele sind auch so 35-40, auch immer mal wieder ältere dabei, wo ich nicht weiß wie, aber den scheint es auch zu gefallen. Mal gucken, wie das dann ist, wenn es größer wird. Ich glaube Klaas Heufer-Umlauf hat mal gesagt, ab Hunderttausend kommen die Assis (lacht).

Du hast in deinem Solo auch schauspielerische Elemente und beispielsweise die Nummer mit dem Klavier oder dem Rasenmähroboter. Wie frei möchtest Du in deiner Bühnenperformance und deinem Auftritt noch werden und wo siehst Du mögliche Grenzen?
Ich will auf jeden Fall noch deutlich mehr machen, mehr spielen und freier sein. Das ist mir bei der neueren Generation so ein bisschen aufgefallen, die stehen einfach viel an einem Ort rum. Das liegt wahrscheinlich auch daran, dass die viel auf kleinen Bühnen testen und auf kleinen Bühnen kannst du dich nicht viel bewegen. Ich will da deutlich mehr machen und auch eine emotionale Haltung klar machen, also für das Bit. Das baut ja auch manchmal eine Fallhöhe auf und macht noch eine extra Note im Hintergrund aus. Das reizt mich gerade total. Mich hat zum Beispiel so ein Clownerie-Buch aus der Bibliothek total geflasht. Oder Josef Hader, ein österreichischer Kabarettist, der inspiriert mich auch. Bei Stewart Lee aus Großbritannien ist auch alles mit einer absoluten Charakterhaltung. Es ist nicht so billig aber es gibt dem Ganzen noch so eine geile Spannung dazu. Und diese richtigen Bauchlacher habe ich selten von einem coolen Typen, der witzige Gedanken hat, sondern von einem Typen der einen geilen Gedanken und gleichzeitig noch eine witzige Attitude dazu hat. Die Emotion muss dich da so ein bisschen tragen, denke ich. Das wird mehr werden, ich will da ein bisschen konzeptioneller werden auf jeden Fall.
Was hältst Du von Crowdwork?
Überhaupt nichts, hasse ich (lacht). Es gibt ein paar wenige Leute, die das echt gut machen und den Menschen vor Ort gefällt es dann auch. Viele machen das aber halt auch, um damit Zeit zu schinden und das Solo voll zu kriegen. Das Schlimmste ist, wenn Leute Crowdworks wieder erzählen, so mäßig; „Ich war mal bei einer Show und dann hab ich gesagt und dann hat sie gesagt...“ und in der Story ist dann sogar der Zuschauer der Lustige. Und dann ist man so faul, dass man den Moment nicht mal als Moment wahrnimmt, sondern den dann in einer anderen Show nochmal reproduzieren will. Das ist richtig Absturz. Ich will lieber, dass Leute ein Programm kaufen und dann auch ein Programm kriegen. Ich will ja als Zuschauer auch nicht, dass mir einer auf die Pelle rückt, das geht mich ja gar nichts an. Ich will Kunst gucken und meinen Abend damit haben.
Du erzählst gerne und sehr eindrucksvoll persönliche Geschichten auf der Bühne. Würdest Du manchmal lieber etwas unpersönlicher performen?
Die nächsten Sachen werden auf jeden Fall unpersönlicher. Am Anfang hat man halt geschrieben, was man kennt und ich kenn mein Leben ganz gut (lacht). Das ist dann auch nett und authentisch, aber Authentizität ist mir dahingehend nicht mehr so wichtig. Comedy ist wichtiger geworden. Ich will, dass das richtig gut geschriebene Comedy und sehr lustig ist. Da ist der Wahrheitsanspruch nicht mehr so wichtig. Den Leuten ist das auch nicht so super wichtig. Das einzige, was die Leute abfuckt ist, wenn du denen eine wahre Geschichte erzählst und die glauben dir das nicht. Ich will die gar nicht in diese Gefilde lenken, dass die sich denken, ist das wirklich passiert oder nicht. Ich will einfach schreiben, was mir Spaß macht und will auch nicht mein Leben so monetarisieren. Manchmal ist das geil und man kann ja auch ein echtes Erlebnis als Startpunkt nehmen und von da aus gaga gehen und absurden Scheiß schreiben. Es wird allerdings Longform bleiben und eher sogar noch länger werden. Da kann man strukturell viel interessantere und komplexere Sachen aufbauen und die sollen auch gar nicht miteinander zusammen hängen. So ein gut geschriebener kurzer Joke kann schon echt glanzvoll sein, wie er da steht. Aber das kann ich auch nicht so gut. Die fallen mir auch selten in den Schoß.
Gibt es Themen, über die Du pauschal niemals Bits machen würdest?
Ich glaube nicht. Aber nicht aus Provokation. Wenn ich einem Thema begegne und sehe, hier ist was super lustiges und ich will das den Leuten zeigen, egal wie düster das ist, dann will ich mir das nicht verbieten. Ich will das aber auf eine Art und Weise machen, dass Leute nicht den Eindruck haben, ich will die gerade provozieren. Das reizt mich nicht. Also dieses Draufgänger Ding; ich scheiß auf alles. Das find ich auch sehr billig und damit ziehst du dann auch so Leute an. Es gibt ja Leute, die denken sie sind schlau, weil sie schwarzen Humor haben. Ich will die Zuschauer nicht mit so schlimmen Sachen konfrontieren, aber wenn da was lustiges ist, will ich denen das so sanft wie möglich zeigen. So über Sex reden ist gar kein Thema für mich. Das machen auch genug Leute, da muss ich das nicht auch noch machen. Aber das ist eher eine Haltungsfrage als wirklich thematisch. Wenn ich mal einen super witzigen, nischigen Gedanken zu Sex habe, werde ich den wohl auch erzählen. Ich will mich nur vom Approach, nicht von Thematiken einschränken lassen.
Unterscheidet sich dein Bühnenhumor von deinem privaten Humor?
Ich hab schon so dumme Tendenzen, dass ich das Falsche sagen, manchmal extrem lustig finde. Aber das ist nichts, was ich verewigen möchte in einem Programm. Ich hab schon noch einen anderen Anspruch an die Präsentierbarkeit manchmal.
Glaubst Du, dass sich Humor verändert? Wie hat sich dein Humor verändert über die Jahre?
Ja, auf jeden Fall seit ich Comedy mache. Er ist deutlich wählerischer und mehr snobby geworden. Man hat halt mehr nachgedacht über Humor. Es ist aber auch offener geworden, denke ich. Das ist echt eine schwere Frage. Privat vielleicht nicht. Man ist auch älter geworden und findet nicht mehr die selben Sachen witzig, die man kiffend im Park witzig fand. Man achtet auch ein bisschen mehr darauf, dass das politisch nicht völlig inkorrekt ist. Das ist aber auch einfach die Entwicklung der Zeit, denke ich.
Ist dir Comedy manchmal zu politisch?
Jetzt gerade ist es mir nicht zuwider, weil es gerade echt wichtig ist, aber so ein Antinazi-Statement ist schon für viele häufig der einfachste und billigste Weg zu einem schnellen Applaus. Oder so eine Message am Ende des Programms wie; Leute wir müssen alle mehr lachen! Und das könnt ihr machen, indem ihr jetzt diesen QR-Code scannt und Tickets kauft. Ich glaube es fuckt einfach ab, wenn es billig ist. Wenn es richtig gut gemachte politische Comedy ist, ist es auch cool. Und wenige Akteure in der Comedy sind politisch. Die meisten halten sich eher fern von dem Thema. Ich bin auch sehr unpolitisch. Man will auch eine andere Perspektive haben als die Zuschauer. Das ist ja auch irgendwie deine Aufgabe als Künstler.
Was macht einen guten Stand-Up Comedian in deinen Augen aus?
Es sollte auf jeden Fall originell sein, als das, was es ist. Es sollte sehr lustig sein aber das ist ja ohnehin die Grundbedingung. Manchmal finde ich aber auch Sachen gut, die nicht so richtige Bauchlacher, aber geil zu betrachten sind. Ich denke, einfach originell. Es soll einfach jeder machen, was er oder sie will. Einfach nicht klauen oder abgegrabbelte Ideen nochmal bedienen. Man muss jetzt nicht über die deutsche Bahn reden oder Ikea. Es wäre geil, wenn Leute einfach das machen, worauf sie Bock haben und dabei auch wissen, worauf sie Bock haben. Und aus Comedian-Perspektive sollte es auch Lernbereitschaft geben.
Als freischaffender Künstler, wie sehr beeinflussen Existenzängste oder wirtschaftliche Unsicherheiten dein Arbeiten?
Jetzt mal endlich nicht mehr so sehr, weil gerade die erste Lebensphase ist, wo ich mir darum mal keine Gedanken machen muss. Es war aber schon lange richtig stressig. Klar, wenn man kein Geld hat, geht das auf die Psyche. Es war aber nie so unangenehm, dass ich die Kunst dafür verändert habe. Ich hab dann einfach im Lager gearbeitet oder so. Als Comedian ist es schon ratsam, nicht so doll zu spenden und einfach viel zurückzulegen. Du weißt halt echt nicht, wann die nächste schlechte Phase kommt oder die Leute keinen Bock mehr auf dich haben. Man kann nicht wissen, was passiert. Ich meine, wenn irgendwas passiert, dass du nicht mehr auftreten kannst, gibt es halt einfach keine Hilfe.
Wenn es gar nicht um Finanzielles und Zahlen ginge, was würdest Du anders machen?
Ich würde viel länger chillen (lacht). Ich würde mir wahrscheinlich so vier, fünf Jahre geben für ein Programm und mich in meiner Landvilla in mein Atelier setzen und mir überlegen, was ich so über Fische denke. Dann würde ich mir sehr gewählt die Zeitpunkte aussuchen, wann ich auf Tour gehe. Aber ein bisschen Druck ist auch eigentlich gut. Ich bin auch so einer, der Deadlines braucht. Bisher jeden "Falsch aber Lustig" Auftritt habe ich die Nacht davor oder im Backstage noch geschrieben. Und es hat immer geklappt, also vielleicht ist es auch einfach mein System. Ich würde, glaube ich, einfach sehr ruhig und bedacht mein Programm schreiben und dann aus zwei Jahren Versenkung wieder auftauchen. Da kommen wir hin. Je höher die Qualität deiner Arbeit, desto länger sind Leute auch bereit darauf zu warten. Kann ja auch sein, dass du wieder kommst, aber die Leute kommen nicht wieder.
Welche Artists haben dich am meisten geprägt?
Stewart Lee, Josef Hader und Otto. Wobei Otto eher geprägt als beeinflusst. Dave Chapelle, bevor er dann so komisch transfeindlich geworden ist. Future, Gucci Mane, Young Dolph und Kanye, aber Letzterer ist ja auch problematisch mittlerweile. Werner Herzog ist richtig geil. Warte mal, ich habe doch auch Bücher zuhause (lacht). Ich besitze Bücher, die auch teilweise gelesen wurden. Viele Byung-Chul Han Bücher, aber ich glaube nicht, dass die mich mega viel beeinflusst haben.

Wir gehen rein. Du sprichst von "Countryside Darkness" und davon, dass Gedanken an ruhigen Orten lauter werden. Wie war dein Aufwachsen und inwiefern hat dich deine Herkunft geprägt?
Es war düster auf jeden Fall. Der Vater viel mit Alkohol und so Mobbing in der Schule. Mobbing innerhalb der Familie, kann man auch sagen. Es ist natürlich erstmal durchaus ein Problem, wenn du in eine Bauernfamilie geboren wirst und dein Name auch noch "der Landmann und Bauer" bedeutet. Das ist komplett so eingepreist, dass du das Ding dann übernimmst und das war dann erstmal eine Enttäuschung. Es war zwar auch kein riesiges Thema, aber es war schon trotzdem scheiße. Zuhause war scheiße, dann bist du zur Schule gegangen und Schule war auch scheiße. Es gab keine Ruhe davon. So ein Bauernhof im Winter ist auch einfach grau und braun und überall ist Matsch und es ist kalt. Dann sind da Kühe und du bist neben so einem düsteren Wald. Es ist einfach ein komplett humorloser Ort. Niemand redet über irgendwas miteinander, es ist null Spaß. Ich hab einen Homie gehabt, mit dem ich durchgezogen habe und dann langsam ab vierzehn, fünfzehn mehr Freunde gehabt. Und du hast halt eigentlich echt nur zwei Möglichkeiten damit umzugehen. Entweder du rastest komplett aus die ganze Zeit oder du machst dich halt darüber lustig. Es gibt in dieser Countryside Darkness aber auch viele lustige Sachen, die dann halt einfach nur übel makaber sind und man muss erstmal den Fakt akzeptieren, dass das real ist. Die meisten Menschen in Deutschland leben nicht in der Stadt, die leben halt in Kleinstädten oder Dörfern. Und da wird schlecht kommuniziert, da wird Alkohol getrunken und da passieren auch andere Dinge. Da ist auch viel, worüber man sich lustig machen kann aber das ist halt null salonfähig für Medien. Es hat mir geholfen, sich darüber lustig zu machen und es reizt mich auch immer noch dieses riesige, unbespielte Feld zu bespielen. Ich würde das Aufwachsen nicht gerne wiederholen, aber es war ok und hat mir diesen Blickwinkel jetzt gegeben. Es war schon düster und dann einfach viel Drogen in der Jugend. Unfassbar viel Kiffen, Teile, Ecstasy, LSD wenn es halt gerade mal passt. Wenn die Truppe sagt; machen wir, dann auch einfach mal komplett verwahrlosen. Es war ein absolutes fick die Welt, die ganze Welt kann sich ficken gehen. Aber die Welt muss sich ja nicht ficken gehen eigentlich (lacht). Es kann sich schon viel ficken gehen, aber man kann ja auch teilnehmen und Sachen ändern. Man kann ja auch ficken (lacht).
Meinst Du, retrospektiv, das Aufwachsen auf dem Land hat mehr Vor- als Nachteile für dich bereitgehalten, gerade wenn es um Themen wie Kreativität und Fantasie geht?
Ich bin halt nicht in der Stadt aufgewachsen, deshalb weiß ich nicht, wie das ist. Ich hab immer das Gefühl, Stadtmenschen können gut socialisen. Man sagt zwar immer, auf dem Land, da redet man noch miteinander aber eigentlich, können Stadtmenschen das viel besser. Also zumindest das Oberflächliche. Dafür sind die Menschen schlechter, wenn es um Termine geht. Wenn du auf dem Dorf versetzt wirst, hat das richtig Konsequenzen. Hier kannst du dann halt einen Kaffee trinken gehen oder so. Ich glaube, als Kind auf dem Dorf ist es schon geiler, wenn die Umstände passen. Und ich hab schon Bock, später mal wieder in eine ruhigere Ecke zu ziehen, wenn man sich vielleicht mal ein Haus leisten kann. Und dann ist es natürlich ein Vorteil, wenn das einen dann da nicht komplett schockt. Aber klar, die Leute sind viel engstirniger und du siehst einige Möglichkeiten nicht, die du eigentlich hast im Leben. Oder die werden dir aktiv ausgeredet in Teilen und das schränkt dich in der Entwicklung natürlich ein. Aber ich glaube so pauschal kann man das nicht sagen.
Was gibt dir die Natur?
Find ich schon sehr gut. Bin ich Fan von (lacht). Ich bin vorletzten Sommer zum Beispiel mit dem Auto durch Frankreich gefahren, hab im Auto gepennt und bin tagsüber auf irgendwelchen Steinen mit den Geckos geklettert. Einfach so fünf Tage mit niemandem reden, ich spreche auch kein Französisch. Ich bin dann halt der Komische, der am Ende vom Dorf, am Wald im Auto schläft. Aber das ist halt übel geil. Ich will das auch auf jeden Fall nochmal machen dieses Jahr. Das gibt mir schon viel, ich gehe gerne in den Wald und sammele im Herbst auch immer Pilze. Da findet der gute alte Steinpilz ein Platz in meinem Korb. Natur und so Landschaften kicken mich schon echt. Wenn so eine Landschaft richtig schön ist und ich bin gerade in der Stimmung, dann kann ich auch einfach heulen. Irgendwas macht das mit mir. Weil das auch irgendwie das Schöne war an der düsteren Zeit vermutlich. Der nicht menschengemachte Teil, der war immer sehr gut. Bei uns gab es auch ein Moor, aber ich bin einfach im Wald hinter dem Haus gewesen. Viel mit Stöckern hantiert und, wie man das halt macht, auch Airsoft Schlachten veranstaltet. Ich habe aber zum Beispiel nicht so einen richtigen Bezug zum Meer. Also es entspannt mich schon, aber es sind eher Wiesen und Wald, die mich so richtig auf den Boden der Tatsachen holen. Diese flachen, nichtssagenden Landschaften in Norddeutschland.
Wenn Du Zeit in dich selbst und deine Seele investierst - man könnte von Selfcare sprechen - was machst Du dann?
Wenn es mal dazu kommt (lacht). Ich bin mehr am Baden, das ist ganz geil. Im Sommer auch gerne im See dann. Und sonst, schwer. Ich esse halt übel gerne Garnelen. Ich esse übertrieben viel Garnelen, bei Selfcare auf jeden Fall. Ich finde auch diese Instant-Nudeln viel zu geil, die so scharf sind, dass deine Lippen danach doppelt so groß und dunkelrot sind. Das ist so dumm (lacht). Naja, das was mir Spaß macht, ist auf jeden Fall Garnelen essen. Basketball ist auch sehr gut. Basketball ist übel meditativ. Gerne auch mit den Jungs aber meistens alleine. Einfach so Shooting-Practice, die selben Abläufe wiederholen. Dann bist du da so drei Stunden und es cleaned so alles einfach.
Du hast ein Bit übers Ecstasy-Schmuggeln, im Podcast von einer irren Acid Erfahrung erzählt und ansonsten auch Bits und Stories von einer konsumierenden Jugend. Hast Du in der Vergangenheit Substanzen zum Schreiben oder zum Auftreten benutzt?
Eigentlich gar nicht. Wobei, bei dem letzten Bit habe ich beim Schreiben ein bisschen Sekt getrunken nebenbei. Das hat das Gedankenkarusell gestoppt und dann konnte ich so wirklich reingehen. Also vielleicht wird das jetzt auch ein Problem (lacht). Anscheinend habe ich das jetzt wahrgenommen, medikamentös das Gedankenkarusell zu stoppen. Aber eigentlich nicht. In der Regel, wenn man mal bekifft eine Idee hatte, dann guckt man da nüchtern nochmal drauf und fragt sich, was zum Teufel fand ich denn daran lustig. Auch so Pilzlachflashs sind ja so übertrieben doll aber machen nüchtern gar keinen Sinn. Ich glaube nicht, dass Substanzen so mega hilfreich sind, aber da muss jeder mit seinem Gehirn selber ausmachen, was der beste Weg ist.
Du nennst dein jüngeres Ich auch manchmal „kiffenden Assi“. Wie viel von ihm steckt heute noch in dir?
Poah, mehr als mir lieb ist, glaube ich. Es ist aber auch die Frage, wie viel von dem kiffenden Assi wirklich Ich war. Es kann auch einfach sein, dass das mein Freundeskreis war und ich diese Rolle so bedient habe. Weil ich schon ein bisschen so bin, dass ich in sozialen Situationen das abliefere, was gerade gefordert ist. Es ist aber auch schon fast wie Urlaub, wenn man dann mal sagt; ok, wir machen das wieder und gehen nochmal zum Spot, holen wieder Weed und schmeißen die JBL Box an. Das ist echt so eine tiefe Entspannung, die ich mir schwer anders holen kann. Ein guter Teil davon steckt schon noch in mir. Aber es ist so, dass ich sage, das ist kein Problem mehr. Es ist auch ok, ein bisschen dümmlich zu sein. Aber in manchen Situationen sind die Einflüsse von so Spießerdeutschen ersichtlich und in manchen wieder das Asoziale. Irgendwo dazwischen bin ich dann wahrscheinlich.

Hattest Du jemals den Drang, doch den Familienbetrieb zu übernehmen?
Als Kind mal kurz. Ich hab dann aber relativ früh, so mit zehn, gesagt, dass ich das nicht mache. Ich mag diesen Ort nicht, ich mag die Leute nicht. Es wurde mir auch nicht vorgelebt, dass das ein attraktives Leben darstellt. Der Sommer in der Landwirtschaft ist geil, mit Häckseln, Gras mähen, Dreschen, Heu machen und so, weil da passiert so viel. Als Kind sind Trecker ja das Allercoolste und wenn Ernte ist, dann helfen sich alle Bauern gegenseitig und dann stehen auch mal so sieben Trecker auf dem Hof und ein fetter Häcksler. Dann läuft das so perfekt koordiniert übers Feld und alles hat da seine Reihenfolge. Das ist total geil. Das ist aber halt nicht die Realität. Die Realität ist; es ist fünf Uhr morgens, es ist kalt und du musst Futter ran schieben.
Wie stehen deine Eltern und deine Familie zu deiner Arbeit und wann waren Sie das erste Mal bei einer Show von dir?
Also meine Mutter sagt, ich bin der Zweitbeste von 4 Feinde (lacht). Der Beste ist Alex. Und sie beharrt darauf, dass das so ist. Sie supportet das auf jeden Fall und freut sich, dass ich das so mache. Und mein Vater hat überhaupt keinen Zugang zu irgendeiner Form von Kunst und eigentlich nicht mal Medien so richtig. Der guckt halt K11, ansonsten weiß ich nicht mal, ob er weiß, wer Michael Jackson ist. Der macht halt NDR1 Welle Nord an und dann läuft das im Trecker. Und wenn dann Meeno Schrader (Wetterbericht) wieder scheiße labert, regt der sich auf. Mein Vater sitzt manchmal am Esstisch und sagt einfach; Meeno Schrader labert nur scheiße (lacht). Und ich denke mir, warum hast du Beef mit einem Wettermann? Der war nur einmal da, bei der Arena. Da wurde er aber auch mehr oder weniger gezwungen. Wenn ihm das wirklich scheiß egal gewesen wäre, wer wäre er dann? Dann gabs hinterher ein; joa hat er gut gemacht. Sehr unbeeindrucktes, norddeutsches Feedback auf jeden Fall. Meine Eltern waren mit Felix Lobrecht im Fahrstuhl in der Lanxess Arena und da sind zwei Welten aufeinandergetroffen, die nie hätten aufeinander treffen sollen. Und dann hat Felix gefragt, ob sie die Eltern von irgendwem sind und ob sie stolz sind. Und dann meinte meine Mutter so; ja von Yorick und man will ja einfach nur, dass die Kinder machen können, was sie halt machen wollen. Und mein Vater war einfach so; joa. Nach der Show hat Felix mich dann umarmt und gesagt; ey ihr habt gerade deutsche Comedy seine Mutter gefickt und alles, dings, wie ist das mit euren Eltern, sind die stolz und so? Und dann meinte ich; ja ja, die sind mega stolz. Und dann meinte er nur so; ich hab die im Fahrstuhl getroffen, das klang eigentlich anders (lacht). Dieses; hat er gut gemacht, ist schon das Maximum, was man rausholen kann. Das ist halt auch eine Welt, die die nicht verstehen und die ist super fern für die. In der Whatsapp-Gruppe der Familie gingen dann auch die Arena-Bilder rein und dann gabs da irgendwie drei Daumen hoch. Am nächsten Tag kam die Nachricht, dass Malina ihr Seepferdchen gemacht hat und dann gabs da zwölf Nachrichten mit Glückwünschen und du sitzt da irgendwo in Köln im Hotel und fragst dich, was soll ich denn noch machen? Aber es ist auch irgendwie schön, weil dann verändern die sich nicht.
Was treibt Yorick Thiede abseits von Comedy?
Ich bin auf jeden Fall seit drei Jahren akut Kickbase süchtig. Das ist ein Thema. Ansonsten habe ich gerade eine neue Freundin, das nimmt Zeit in Anspruch. Aber das ist gute Zeit. Tour halt viel. Wenn ich nicht auf Tour bin, dann liege ich (lacht) oder sitze am Schreibtisch oder esse. In guten Zeiten dann auch viele Garnelen. Es wird auf dem Rückweg gleich auch nochmal ein Stopp gemacht im Asiamarkt. Ich hab einen gefunden, da bekommst du ein Kilo Garnelen für nen` Zehner. Richtig Power (lacht).
Die 4 Feinde sind seit diesem Jahr erstmal auf Eis gelegt und ihr wollt euch alle mehr auf die eigenen Projekte konzentrieren. Wie hat die Dynamik von den 4 Feinden dein Arbeiten beeinflusst?
Das ganze Projekt war einfach viel Arbeit. Alex hat fast Arbeitsverweigerungsmaßnahmen ergriffen, weil auch nicht ganz klar war, welche Rolle er einnimmt. Ich werde jetzt auf jeden Fall aufpassen, dass ich nichts mache, was mir nicht komplett Spaß macht und wo ich nicht komplett hinter stehen kann. Weil das vorher ein Teilproblem war, was ich hatte. Ich hasse halt Laber-Podcasts, ich finde die richtig scheiße. Das hat mir künstlerisch ein extrem schlechtes Gewissen gemacht, da zu diesem Scheißestrudel beizutragen. Ich hätte dann schon lieber etwas Bedachteres gemacht. Es war halt einfach sehr ökonomisch am Ende - super viele Clips ballern. Wir haben auch geguckt, dass wir nur Sachen posten, die richtig funny sind. Aber ich würde das halt privat nicht so machen und ich war auch, glaube ich, die treibende Kraft, die die Pause in Gang gesetzt hat, weil ich auch schon länger kein Spaß hatte. Über ein Jahr hinweg, hat das eigentlich nicht so richtig gebockt und man hat das so aus Pflichtbewusstsein gemacht, weil man auch wusste, es macht Sinn und es gibt eine gebuchte Tour, die voll werden muss. Einfach mal eins, zwei Jahre durchziehen, damit man was hat, für die weitere Karriere. Und die Jungs sind halt super cool. Das Projekt war halt getragen von den Boys. Ich habe noch nicht groß gehandelt seitdem, aber denke halt darüber nach, wie ich das jetzt so mache. Ich spiele halt meine Tour, mach halt mein Ding, esse Garnelen (lacht). Aber ich bin jetzt bedachter über die Außendarstellung wahrscheinlich und klarer in den Gedanken, wie es künstlerisch weitergehen soll. Ich habe auch schon Pläne, aber die Taten müssen noch folgen.
Welche Comedians sind deiner Meinung nach nextup?
Läuft das unter der Voraussetzung, dass ich up bin? Da muss man nochmal unterscheiden, weil es gibt vermutlich Leute, die nextup sind, aber nicht den Support bekommen aus gewissen Formaten. Ich glaube, interessant ist Kai Borsutzky (@kaiborsutzky) aus Hamburg oder Simon Mann (@nichtsimonmann) aus Berlin, bei dem sind sich auch alle einig, dass der nextup ist. Der sieht witzig aus, spielt lustig, hat geile Jokes und ist trotz seines Alters super confident in seinem Charakter, obwohl er noch so jung ist. Ich glaube, der ist 21 oder so. Der ist auf jeden Fall ein riesiges Talent. Yannick de la Peche (@yannickdelapeche) ist ein sehr guter Comedian, Jesper Wulff (@jesper_wlff) auch. Ich sehe Potential bei Youssef Maghrebi (@youssef.maghrebi), das ist ein Schauspieler der Comedy macht und der hat eine unfassbar lustige Stimme und wie er Sachen sagt, ist einfach witzig. Der klingt fast wie Olli Schulz. Und Mathias Albus (@mathias.albus.comedy) aus München ist schon auch sehr gut. Da hättest du ein paar Namen.
Letzte und wichtigste Frage: Was ist das stärkste Tier, dass Du im Eins-gegen-Eins besiegen würdest?
(lacht) Ich glaube so einen Ziegenbock würde ich packen. Die sind schon auch asozial aber am Ende ist es ein Beutetier und ich bin das Raubtier. Und entsprechend wird sich auch verhalten. Wenn man mal so ein Kalb hochgehoben hat, dann weiß man auch, was da so an Gewicht und Muskelkraft drinnen steckt. Ich meine ein Hai an Land natürlich. Aber ich glaube, so einen Ziegenbock, den ficke ich.
Ich setze das nochmal in den Kontext „Kämpfen“ und dann finden wir kein schöneres Schlusswort, denke ich. Vielen Dank Yorick!
